Der Körper der Dreh- und Angelpunkt des Lebens?
Immer wieder begegnet uns der Körper als der Dreh und Angelpunkt für die Verhaftung in der von den Menschen gelebten Scheinrealität. Fangen wir einmal an: Wie sieht man denn einen „Menschen“? Na, ganz klar, werden Sie sagen. Der hat einen Kopf, den Hals, den Körper, Füße, Arme, Haare. Und lügen sich selbst an. Ein Mensch, das ist für Sie, – um es einfach zu machen – die Kleidung. Denn den Körper können Sie in der Regel nur erahnen.
Manipuliertes Schubladendenken?
Ein Unterschied – klein, aber vollkommen grundlegend. Das ist ihr Schubladendenken. Eine ganz große Manipulation, die hier vor sich geht. Sofort springt wohl ins Auge, was dieses Traktat bezwecken soll: Sehen Sie Ihre Schwester, Ihren Bruder nackt! Sehen Sie ihn! Sperren Sie ihn nicht in ein Schubfach im Kleiderschrank, verpacken Sie ihn nicht in Winterklamotten, wickeln Sie ihn nicht in das Bettlaken. Werfen Sie keine Decke über ihn.
Nacktheit der Gedanken?
Was hier nun in Worte gepackt ist, meint ganz selbstverständlich eine gedankliche Nacktheit, ein Ablegen von Wertigkeiten, das Fehlen des Urteils über den Mitmenschen. Doch – hier tut sich auch ein ganz einfacher Weg in unserer sogenannten Realität auf. Ein praktischer Weg, der sehr wohl und ausgesprochen intensiv am Urgrund des Gesellschaftsdenkens sägt – und darum bis zur Unkenntlichkeit verzerrt und in eine Dimension verschoben wurde, die man bloß noch als obskur bezeichnen möchte.
Liebe ist ursächlich nackt?
Die körperliche Nacktheit. Nicht nur im Bett, unter der Dusche, an einem Strandabschnitt. Nicht nur beim Liebesakt. Die Liebe ist ursächlich nackt. Wir sind die Liebe! Wir sind hier – mit der Umsetzung von Nacktheit – in der Lage, ein ganzes starkes Zeichen zu setzen. Für uns selbst, das ist selbstverständlich das Wichtigste. Doch auch für alle anderen. Entgegen allen Konventionen und entgegen der, aus diesem angelernten Denken heraus entstehenden Ängste, Schamgefühle – gegen diese verdammte Prüderie, die uns einsperrt.
Missbrauch des Begriffes?
Jede Religion, abgesehen von archaischen Naturreligionen, missbraucht die Begrifflichkeit der Nacktheit und all das, was sich damit verbindet. Warum ist das so? Die Menschen, auf ihrer Sinnsuche bekamen ein einschlägiges Angebot. Wie bei allen Dingen aber, im Leben, tat sich auf, dass man einen Preis zu zahlen hatte, für die Seligkeit. Dieser Preis war und ist, (unter vielen anderen Restriktionen) ganz körperlich und unmittelbar, unsere Sexualität, also – auch unsere Nacktheit – und nicht nur die des Körpers, sondern ganz genauso die geistige.
Eingehüllt von religösem Denken?
Doch die Sache der Nacktheit erschöpft sich in gar keiner Weise in einer körperlichen Nacktheit – die Kleidung ist ja schließlich (zumindest weit verbreitet) dem Klima geschuldet. Nein. Vom ersten (vollkommen unverschuldeten) Handschlag mit Religionen, die in irgendwelchen Riten oder Hierarchien des Dualismus unterwegs sind, die auf dem Urteilsgedanken aufbauen – jede einzelne tut es – werden wir geistig bekleidet, angezogen, eingehüllt.
Sünde muss verhüllt werden?
Dass mit den Regeln, Geboten und „heiligen Schriften“, den Aussagen der großen Religionen, die Sexualität zum Machtinstrument wurde, der die Kirchen, mithilfe des so subtilen Begriffes der „Sünde“ unter anderem auch noch reich gemacht hat, ihnen jedoch in erster Linie half, eine Ameisengesellschaft zu konstruieren, die dem Willen der Mächtigen entsprach – das ist der Urgrund für unsere Schamhaftigkeit, unsere Prüderie, unser Gedankengefängnis.
Tief verankerter Negativismus
Der Begriff der Nacktheit postuliert, sieht man ihn sich ein wenig genauer an, nichts von dem Positiven, dass er doch eigentlich grundsätzlich ist. Vielmehr kommen in unserem Denken Assoziationen auf, die mit Begriffen wie „Schutzlos, Frierend, Wehrlos, Ausgeliefert,“ vielleicht gerade noch mit „Sex“, verbunden sind. Das ist ein außerordentlich prägnantes Denkmuster, dass der ganzen Menschheit anhaftet, zum Sog des Egoverhaltens in dieser Welt gehört.
Eine Meinung zu sich selbst vertreten?
Wenn hier nun gesagt wird, dass geistige als auch körperliche Nacktheit – also einmal die (ausgesprochen symbolhafte) Befreiung von „Kleidung“ – zum anderen die geistige Nacktheit, das sich lösen, von angelernten Algorithmen und Ängsten, Vorurteilen, dem Gedanken der Sünde – ausgesprochen positiv zu bewerten sind, dann meint das auch, dass es möglich ist, hier ein Zeichen zu setzen. Das führt nun komplett weg von jeder Spiritualität – möchte man meinen.
Der Körper als Schlüssel?
Denn weder die eine noch die andere Nacktheit ist in der von uns gelebten Gesellschaft wirklich umzusetzen. Und doch bietet sich hier ein Ansatzpunkt, der uns von der Schöpfung, der Liebe, gegeben worden ist. Von unserem Körper ist die Rede, der im Mittelpunkt unseres Lebensbewusstseins steht – zuallermeist. Hier liegt auch der Schlüssel. Die Schöpfung ist so einfach in ihrer Liebe, dass wir nicht in der Lage sind, ihren einfachen, so simplen und allumfassenden Willen zu erkennen. Dabei ist dieser Zugang über den eigenen Körper mehr als natürlich. Wir finden den Sinn nicht im Außen – vielmehr ist er uns uns selbst gelegt.
Das vollkommen naheliegende wählen?
Was wäre denn auch einfacher, als bei diesem, so offensichtlich großartigen Geschenk der Schöpfung, unserem Körper, der, wie wir meinen, uns ja ausmacht – zu beginnen? Und so legen wir in der Tantra -Spiritualität unsere Kleidung ab – und begeben uns ebenso in eine Nacktheit des Geistes, in eine Meditation der Energien. Wir setzen UNS SELBST ein Zeichen. Wir setzen um. Wir transzendieren. Das ist allumfassende, göttliche Nacktheit.
Fazit
Und so findet sich im Tantra – im Gedanken der spirituellen Nacktheit – ein ungestörter Strom der Energien, dann, wenn eben die lästigen Kleidungsstücke des Denkens in den Konventionen, den Regelungsansätzen, der vollendeten Manipulation, die sich auch in dicken Lumpen vor den Augen der Menschen zeigt, abgelegt werden – mehr noch, als nichtig, als tatsächlich nicht existent, erkannt werden. Das ist die ins energetische transformierte Idee der Nacktheit, das Entfernen der Kleidung – hier in sehr bildhafter Umsetzung – die Auflösung der Blockaden der Chakren.